Das Ruhrgebiet:
Ungewöhnliche Ausflugsziele für Industriefans, Adrenalinjunkies und Naturliebhaber

Das Ruhrgebiet:


26.09.2023 11:04
Das Ruhrgebiet ist eine der faszinierendsten und vielfältigsten Regionen Deutschlands. Wer den Ruhrpott denkt, denkt an die industrielle Vergangenheit. Wo man geht und steht, sind die Überreste sichtbar und auf einzigartige Weise in die Moderne integriert. Doch der Ruhrpott kann mehr als Stahlindustrie und Zechen.

Zugegeben, der Pott ist vielleicht nicht das erste Urlaubsziel, das einem in den Sinn kommt, wenn es um eine Städtereise in Deutschland geht. Als Herzstück der deutschen Kohle- und Stahlindustrie spielte das Gebiet eine entscheidende Rolle in der Industrialisierung Europas. Während dieser Zeit entstanden die markanten Zechen, Kokereien und Stahlwerke, die das Bild der Region prägten und auch heute noch sichtbar sind.

Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten wie der Zeche Zollverein in Essen, die ein UNESCO-Welterbe ist, gibt es viele Orte, die Besucher auf den ersten Blick vielleicht gar nicht auf dem Schirm haben. Ein Besuch lohnt sich allerdings, um das angestaubte Ruhrgebiet von einer anderen Seite kennen zu lernen.

Industriekultur mal anders


Industriekultur umfasst die Erhaltung und Neunutzung von industriellen Gebäuden, Anlagen, Maschinen und Artefakten. Sie ist in erster Linie ein kultureller Ansatz, der darauf abzielt, die einzigartige Geschichte und die sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen zu würdigen, die mit der Industrialisierung einhergingen.

Der Skywalk Phoenix West in Dortmund
Industriekultur von oben: Das geht mit dem Skywalk Phoenix West. In der stillgelegten Hochofenanlage im Süden Dortmunds führt ein Weg in 26 Metern Höhe erst über eine Gichtgaspipeline und im Anschluss Stufe um Stufe auf den 64 Meter hohen Hochofen 5. Von dort aus haben Besucher einen sensationellen Ausblick über die Stadt und den Westfalenpark.

Der Tetraeder auf dem Monte Schlacko in Bottrop
Fast alle Hügel im Ruhrgebiet sind Halden, also Anhäufungen aus dem Bergematerial, das beim Kohleabbau ebenfalls ans Tageslicht befördert wurde. „Monte Schlacko“ ist dabei lediglich der umgangssprachliche Name für die Bergehalden. Die Halde Beckstraße, wie die Halde in Bottrop offiziell heißt, besticht durch ein atemberaubendes Monument, welches auf ihr erbaut wurde: der Tetraeder.

Wer sich das Stahlgerüst aus der Nähe ansehen will, kann die Halde auf zwei Wegen erwandern: entweder über einen barrierefreien Pfad durchs Grüne oder über eine Stahltreppe mit 387 Stufen. Der Tetraeder lässt sich ebenfalls erklimmen, dafür ist jedoch Mut erforderlich. Die beiden Treppen, die zu den Aussichtsplattformen führen, gleichen einer freischwebenden Himmelsleiter und sind nichts für schwache Nerven.

Begehbare Achterbahn Tiger & Turtle in Duisburg
Eine weitere begehbare Großskulptur befindet sich auf der ehemaligen Halde in Duisburg, der Heinrich-Hildebrand-Höhe. Das Kunstwerk ist einer Achterbahn nachempfunden, die in der Dämmerung mit 880 LEDs illuminiert wird.

Eröffnet wurde die begehbare Achterbahn, die sogar über einen Looping verfügt, im Jahr 2011 und hat sich seitdem zu einem der beliebtesten Fotomotive im Ruhrgebiet gemausert. Die historische Verbindung zur Region erhält sie durch das Material, aus dem sie besteht: verzinkter Stahl. Die Halde, auf der sie erbaut ist, besteht unter anderem aus der Schlackedeponie der ehemaligen Zinkhütte. Somit haben die Künstler auf einzigartige Weise die Geschichte der Region mit dem Kunstwerk vereint.

Der Zauberlehrling in Oberhausen
Genaugenommen hat der Zauberlehrling in Oberhausen nichts mit der Stahl- und Zechenkultur des Ruhrgebiets zu tun, außer, dass er aus Metall ist. Sehenswert ist das Monument dennoch, denn es wirkt, als sei der Strommast zum Leben erweckt worden und würde tanzen.

Installiert wurde das Kunstwerk der Berliner Künstlergruppe Inges Idee 2013 anlässlich der Ausstellung Emscherkunst. Im Jahr 2018 musste der ursprüngliche Zauberlehrling wegen statischer Mängel abgebaut und in neuer Form aufgebaut werden. Seitdem steht er mit verstärkten Profilen auf im Gehölzgarten Ripshorst am Ufer des Rhein-Herne-Kanals.

Adrenalin und Nervenkitzel


Wer genug vom traditionellen Sightseeing hat und stattdessen mehr Action braucht, wird im Ruhrgebiet ebenfalls fündig.

Tauchen im Duisburger Gasometer
Mit 21 Millionen Litern Wasser ist der Gasometer in Duisburg das größte Indoor-Tauchbecken Europas. In einer Tiefe von bis zu 13 Metern warten auf die Taucher verschiedene Attraktionen, damit ihnen nicht langweilig wird: ein künstlicher Hai, ein Schiffswrack oder ein Auto warten beispielsweise darauf, entdeckt zu werden.

Wer hier im öffentlichen Betrieb tauchen möchte, muss vorab telefonisch einen Platz reservieren und im Besitz eines Tauchscheins sein. Besucher ohne Tauchschein können ein Schnupper- oder Abenteuertauchen vereinbaren.

Indoor Skydiving in Bottrop
Wer stattdessen lieber hoch hinaus möchte, erlebt Nervenkitzel pur beim Indoor Skydiving. In einem großen gläsernen Zylinder werden die Besucher von einem Luftstrom bis zu 15 Meter in die Höhe getragen. Das Gefühl ist vergleichbar mit dem freien Fall bei einem Fallschirmsprung.

Dieses Erlebnis eignet sich für Adrenalinjunkies ab vier Jahren und ist daher auch für einen Familienausflug geeignet. Selbst mit Handicap oder Rollstuhl kann im Windkanal geflogen werden.

Nervenkitzel bei Roulette und Blackjack
Seit jeher begeistern Glücksspiele die Menschen. Überall auf der Welt gibt es zahlreiche Hotspots für Casiniofans. Mit den großen Glückspielmetropolen wie Las Vegas, Monte Carlo oder Macau kann Deutschland leider nicht mithalten.

Doch mit mehr als 15.000 Quadratmetern Fläche und 360 Slot Machines, 14 Roulette-, 10 Poker- und 5 Blackjack-Tischen kann sich die Spielbank Hohensyburg in Dortmund sehen lassen. Das Casino ist größte Deutschlands und war eine Zeit lang auch das umsatzstärkste. Wer Nervenkitzel in Form von Glücksspielen sucht, ist hier genau richtig.

Ruhe und Gelassenheit


Im Ruhrgebiet gehen die großen Städte Nordrheinwestfalens fast nahtlos ineinander über. Abseits des urbanen Trubels gibt es für Urlauber jedoch auch Gelegenheit für Entschleunigung.

Hausboot-Tour auf der Ruhr
Wer die Seele baumeln lassen möchte, sollte sich für eine Hausboot-Tour auf der Ruhr entscheiden. Angetrieben werden die Hausboote der grünen Flotte einzig mit Muskelkraft. Auf Fahrradsatteln nehmen die Kapitäne platz und befördern die kleinen Schiffe damit übers Wasser. Doch selbst wer schnell in die Pedale tritt, kommt nur langsam voran – daher auch der Name der Boote: Escargots. Das ist Französisch und heißt Schnecke.

Ausgestattet sind die Hausboote mit Schlafplätzen, einer Kochmöglichkeit sowie einer Toilette. Eine Tour auf der Ruhr steht mit den Escargots ganz im Zeichen der Entschleunigung und im Einklang mit der Natur. Sollte der Gegenwind jedoch zu stark werden, gibt es einen Motor an Bord, der die nötige Schubkraft liefert. Für eine Fahrt mit den Hausbooten ist kein Kapitänsschein nötig.

Die größte begehbare Camera Obscura der Welt in Mülheim
Unmittelbar unter dem Dach des alten Broicher Wasserturms befindet sich die weltweit größte begehbare Camera Obscura. Eine Camera Obscura ist ein optisches Gerät, das Licht durch ein kleines Loch oder eine Linse in einen abgedunkelten Raum lenkt. Dadurch entsteht auf einer gegenüberliegenden Wand ein auf den Kopf gestelltes Bild der Außenwelt.

In Mülheim wurde dieses Prinzip in großem Maßstab umgesetzt. Ein beeindruckendes Linsensystem und eine große, zylinderförmige Kuppel ermöglichen es den Besuchern, die Umgebung von Mülheim in Echtzeit auf den Innenwänden des Gebäudes zu sehen. Je näher die Dinge sind, desto größer erscheinen sie.

Die Gartenstadt Margarethenhöhe in Essen
Die 115 Hektar große Siedlung Margarethenhöhe in Essen gilt als erste Gartenstadt. In 935 Gebäuden gibt es 3092 Wohneinheiten. Die Gartenstadt Margarethenhöhe wurde 1906 von Margarethe Krupp, der Ehefrau von Friedrich Alfred Krupp, einem Industriellen der Stahlindustrie, gestiftet.

Die Gartenstadtbewegung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa entstand, hatte das Ziel, die negativen Auswirkungen der Industrialisierung und der städtischen Verdichtung zu mildern. Sie wurde so geplant wurde, dass sie eine harmonische Balance zwischen Natur und urbanem Leben bietet. Die Häuser sind von viel Grün umgeben, und große Gärten, Parks und Alleen durchziehen das Viertel.

Die Siedlung kann auch heute noch besucht werden. Ein Musterhaus zeigt, wie die Häuser früher ausgestattet waren.