Der Kloster-Radweg in der Lüneburger Heide
Eine Rad-Rundreise mit unerwarteten Kulturhöhepunkten

16.03.2010 15:00
Die Frühlingsreise führt von Schatz zu Schatz

Einen Tagesritt voneinander entfernt liegen im Gebiet der heutigen´ Lüneburger Heide sechs noch bewohnte Frauenklöster. Von Kloster Lüne im Zentrum Lüneburgs bis Wienhausen bei Celle, von Walsrode im Westen bis Medingen bei Bad Bevensen im Osten überraschen diese Kulturstätten immer wieder die Besucher.

Gerade der Herbst lockt viele Gäste wegen der Kulturprogramme oder weil sie mit dem Fahrrad auf einer der beliebten, weil flachen Heiderouten unterwegs sind. Eine Reise von Schatz zu Schatz ist das. „Wir haben drei der Klöster mit einem besonderen Radweg verbunden“, freut sich Ulrich von dem Bruch über die große Nachfrage. Er ist Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH, die sich um den Tourismus in der gesamten Region kümmert.

„Die hohe Dichte an Klöstern ist nicht ungewöhnlich“, erläutert die Äbtissin Erika Krüger vom Kloster Ebstorf westlich von Uelzen, „doch dass es alles evangelische Frauenklöster sind, das gibt es sonst nirgends.“ Noch im späten Mittelalter wurden die Klöster vom Landadel gefördert, weil sie dort ihre Töchter unterbringen wollten. Nach der Reformation gab es eine Zusage des Landesherrn, für den Unterhalt der Klöster zu sorgen. „Die besteht bis heute“, erläutert die Äbtissin. „Nur vom Geld für Führungen und Konzerte könnten wir nicht leben oder die Gebäude erhalten.“ Jedes Kloster wirtschaftet selbstständig. Der jeweilige Präsident der Klosterkammer Hannover hat in der Funktion des Landeskommissars für die Lüneburger Klöster die Rechtsaufsicht über die Lüneburger Klöster.

Ebstorf hat die berühmte Weltkarte
Zu erleben gibt es viel: Im Kloster Ebstorf ist die Kopie der großen
Weltkarte aus dem 13. Jahrhundert zu bewundern. Die „Paradiesgärtlein“, das sind Tafeln vermutlich als Gebetshilfe, sind ein Kleinod. Genauso die mittelalterliche Madonna aus der Zeit, als Ebstorf Pilgerkloster war.

Im Kloster Lüne gilt das Textilmuseum als besonderer Schatz. Da werden die von Benediktinernonnen und evangelischen Stiftsdamen gefertigten Altardecken und Fastentücher gezeigt. „Viele sind aus der Zeit von 1250 bis 1350“, berichtet eine der Damen. Abendmahlsdecken und Banklake sowie große Teppiche und eine Weberei gehören ebenso zu den Sehenswürdigkeiten. Das Café ist im Renaissancestil aus dem 17. Jahrhundert gehalten. „Wir haben einen Ruhepol mitten in der historischen Stadtanlage“, schwärmt die Stiftsdame.

Medingen ist heute das größte Kloster
Mit mehr als 100 Frauen war das Kloster Medingen bei Bad Bevensen, seit der Reformation 1559 evangelisches Damenstift, einst das mächtigste der Gegend. Ledige Töchter der Lüneburger Patrizierfamilien traten mit reichem Hausstand in den Konvent und mehrten so den Besitz. Zahlreiche Kirchenlieder wurden im Kloster geschrieben. Heute leben dort 18 Konventualinnen - das größte Frauenkloster in Niedersachsen. Die Äbtissin hütet noch den Krummstab von 1494, als die erste ihr Amt in Medingen antrat. In dem schlossähnlichen Gebäude mit der beeindruckenden Rundkirche sind seltene Möbel, Gemälde und Stickereien zu bewundern. Sogar Flussperlen aus der Ilmenau gehören dazu. Beliebt sind die Musikveranstaltungen in den alten Mauern gerade im Herbst.

Walsrode: Soziale Tradition
Das älteste Heidekloster steht in Walsrode. Im Jahr 986 wurde es erstmals erwähnt. 1812 besetzten Soldaten Napoleons das Kloster, warfen die Damen hinaus und verkauften das Mobiliar. Als soziale Einrichtung ist es den Bürgern des 19. Jahrhunderts in Erinnerung. Die erste Walsroder Armenschule für Mädchen öffnete darin 1842 ihre Türen. Dann als Krankenhaus, später als Warteschule für Kleinkinder machte sich das Kloster einen Namen. Äbtissin Sigrid Vierck freut sich über Besucher. Täglich bis 18 Uhr ist das Gelände geöffnet; Führungen laufen bis Ende Oktober.

Auch das Kloster Wienhausen östlich von Celle ist nur bei Führungen zu besichtigen. Sie werden auf Wunsch sogar in Englisch, Französisch oder Spanisch gehalten. „Plattdeutsch auf Anfrage“, zeigt eine der 15 Stiftsdamen die Möglichkeiten auf. 1587 übernahm die erste evangelische Äbtissin die Aufgaben in dem früheren Zisterzienserinnenkloster, das vom Celler Herzogshaus und von den Hildesheimer Bischöfen mit reichen Zuwendungen bedacht worden war. „Jetzt freuen wir uns auf das Preisträgerkonzert am 13. November“, schwärmt die Konventualin. Das Bennewitz-Quartett spielt Mendelssohn-Batholdy.

Wenn auch die Reize groß sind, bleiben können Touristinnen in den Frauenklöstern der Heide nicht über Nacht. „Kloster auf Zeit haben wir nicht im Angebot“, sagt eine Stiftsdame. „Aber Sie sollten wiederkommen - so oft Sie können.“
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