Unser Naturerbe ist die Grundlage für Wohlstand und Lebensqualität
Der diesjährige Welttourismustag am 27. September wird vor dem Hintergrund des Internationalen Jahres der Biodiversität den wechselseitigen Nutzen von touristischer Entwicklung und Naturschutz thematisieren.

28.09.2010 14:46
Die NaturFreunde Internationale (NFI) und die NaturFreunde Deutschlands (NFD) rufen zu einer ambitionierten Tourismuspolitik auf, die das Leitziel zur nachhaltigen Entwicklung endlich ernst nimmt.

„Der alleinige Fokus auf steigende Besucherzahlen um jeden Preis ist ein sehr kurzsichtiger Ansatz“, warnt Dr. Christian Baumgartner, NFI-Generalsekretär und Mitglied der EU-Tourism-Sustainability-Group. „Wir müssen einen qualitativen Tourismus entwickeln, der uns unser kulturelles und natürliches Erbe zugänglich macht, ohne immer auch die Umwelt zu belasten.“ Ökologische, soziale und wirtschaftliche Belange müssten sorgfältig im Gleichgewicht gehalten werden, um auch langfristig den Wohlstand einer Region zu garantieren.

Dass der für den Tourismus zuständige EU-Industriekommissar Antonio Tajani Europas Naturerbe als wichtigste Ressource für eine gemeinsame EU-Tourismuspolitik identifiziert hat, wird von den NaturFreunden begrüßt. Nur ein sorgfältig geplanter nachhaltiger Tourismus kann zum Erhalt und Schutz des Naturerbes beitragen und dabei vielen Menschen ermöglichen, die weltweite Artenvielfalt nicht nur zu erleben, sondern auch zu genießen.

Touristen leiden unter der Naturzerstörung – und verursachen sie
Doch die gegenwärtige Ausbeutung der Natur untergräbt die langfristige Grundlage dafür. Denn immer noch sterben rund 150 Arten aus – täglich, für immer und trotz des lange währenden politischen Engagements für den Naturschutz. Urlauber sind davon nicht nur betroffen – eine intakte Natur steht bei der Reiseentscheidung ganz hoch im Kurs – tatsächlich sind sie dafür auch verantwortlich.

Schließlich leidet die Natur nicht nur unter Umweltverschmutzung und Flächenfraß, weil der Mensch auch in seiner Freizeit immer öfter in sensible Ökosysteme vordringt, diese mit Beton versiegelt und deren Wasser verbraucht. Die Natur kämpft auch mit dem fortschreitenden Klimawandel, an den sich die zurückgedrängten und geschwächten Ökosysteme nicht schnell genug anpassen können. Auch hier ist der Tourist beteiligt.

Allein Dreiviertel aller klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen eines Urlaubs entfallen auf die An- und Abreise. Die deutschen „Reiseweltmeister“ unternehmen beispielsweise die Hälfte ihrer Urlaubsreisen im Auto, schon bei circa 34 Prozent aber liegt das besonders klimaschädliche Flugzeug. Wer etwa zum Welttourismustag in die südchinesische Gastgeberregion Guangdong fliegen will, wird allein durch Hin- und Rückflug rund sechs Tonnen Kohlendioxid verursachen. Zum klimaneutralen Ausgleich müsste er sein Auto eigentlich gut drei Jahre stehen lassen.

Eine ambitionierte Tourismuspolitik für die nachhaltige Entwicklung von Regionen
Doch das Bewusstsein für diese Zusammenhänge fehlt oft noch: Im sogenannten „Innsbrucker Manifest“ hatten sich vergangene Woche die Alpenländer für eine gemeinsame Tourismusstrategie ausgesprochen. Denn die einseitige Fokussierung auf die Steigerung der Anteile einer Region am internationalen Tourismusmarkt ignoriert weitgehend die natürlichen Grenzen der Alpen. So fordern auch die NaturFreunde eine systematische Integration von ökologischen und sozialen Aspekten in die Tourismusentwicklung. Zwar hat die EU die Nachhaltigkeit bereits als eine tragende Säule ihrer Tourismuspolitik identifiziert. Doch diese Erkenntnis muss nun konsequent in praktischen Maßnahmen umgesetzt werden.

Die Umwelt mit veränderten Reisegewohnheiten schützen
Jeder ernsthafte Versuch, die Natur zu schützen, muss die zentrale Bedeutung des Klimawandels anerkennen. Schätzungen gehen davon aus, dass Verkehr, Beherbergung und Aktivitäten in Zusammenhang mit dem Tourismus zusammen für bis zu 12,5 Prozent des vom Menschen verursachten Klimawandels verantwortlich sind.

Eine signifikante Reduktion der Umweltauswirkungen des Tourismus wird deshalb ohne eine wesentliche Änderung der Reisegewohnheiten nicht möglich sein: Längere Aufenthalte statt vieler Kurztrips, Naherholung statt Fernreisen und eine konsequente Nutzung und Ausbau umweltfreundlicher Verkehrsträger sind hier die zentralen Ansätze.

Regierungen wie auch Tourismusanbieter müssen aktiv entsprechende Angebote und adäquate Infrastrukturen entwickeln – schon allein aus Eigeninteresse, wenn sie ihre natürliche Grundlage für Wohlstand und Lebensqualität langfristig erhalten wollen.

Doch auch die Touristen selbst sind gefordert: Ihre konsequente Nachfrage nach umweltfreundlichen und sozial gerechten Freizeitangeboten wird die Anbieter unter Druck setzen, entsprechende Angebote bereitzustellen.
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